Himmelslineal

Einer, der aus einem dreieckigen Fenster hinausschaut, sagt: „Die Welt ist dreieckig.“ Ein Anderer, der das hört und aus einem viereckigen Fenster blickt, widerspricht wie folgt: „Was ist denn mit dir los? Die Welt ist VIERECKIG!“ Eine weitere Person, die aus einem runden Fenster hinausschaut, behauptet: „Wie lächerlich! Die Welt ist RUND!“ Jeder von ihnen kann die Welt nur daran erkennen, wie diese tatsächlich aussieht, und da ihre Sicht ausschließlich auf ihre eigene begrenzt ist, kommt daher zu dem Schluss, dass die Aussagen der anderen falsch seien.

Man ist im Allgemeinen dazu bereit, einfache und unkomplizierte Tatsachen zu akzeptieren wie: „Es gibt jemanden, der schneller läuft oder bessere Schulnoten bekommt als ich.“ Geht es jedoch um etwas Ernsthafteres, so bildet man sich meistens ein, darüber besser Bescheid zu wissen als jeder andere.
Solch ein selbstgefälliges Denken kann zwischenmenschliche Beziehungen ernsthaft beeinträchtigen. Denn dies kann dazu führen, die Meinungen anderer abzulehnen oder anderen die eigene Meinung aufzuzwingen. Zudem entsteht sogar schlechte Laune dadurch, dass andere der eigenen Meinung nicht zustimmen.
Wir täten gut daran, den Worten Oyasamas zuzuhören. Uns würde dann wahrscheinlich die Erzählung „Himmelslineal“ in den Sinn kommen.

Es gibt so viele Lineale wie die Anzahl der Menschen, und unser eigenes Lineal ist nur eines davon. Es ist nicht gewährleistet, dass das Eigene absolut korrekt ist, denn das erweist sich aufgrund seiner Beschaffenheit oder Eigennatur als krumm. Daher ist es uns zu empfehlen, über die Möglichkeit nachzudenken, dass sich die Welt nach dem „Himmelslineal“ in Bewegung setzt, welches für uns unermesslich ist.
Kommen wir zu dieser Erkenntnis, so wird es uns ermöglicht, maßvoll zu handeln und Fehler durch unsere Selbstgefälligkeit zu vermeiden. Dadurch wird sich unser Blickfeld erweitern und wir können zu einer offenen Persönlichkeit heranreifen.